Was wäre, wenn der Hunde gewusst hätte, wie sich das Zusammenleben mit dem Menschen entwickelt?

Der Hund ist vor mehr als 100 000 Jahren völlig freiwillig zum Menschen gekommen. Er fraß sich durch unsere Abfälle und verhinderte damit das Ausbreiten von Krankheiten und Ratten. Er nahm uns unter seine Fittiche, indem er "unser" Revier bewachte. Er schenkte uns seine Körperwärme. Er gab uns das Seelenheil zurück.  Er wurde ein angenehmer, gelehriger Freund.

Seine Tage verbrachte er damit, mit den Menschen durch deren Jagd- und Sammelgebiete zu streifen auf der Suche nach Fressbarem und Streicheleinheiten und einem Schlafplatz.

Bei der Auswahl seines Futters achtete er weder auf Kalorienangaben noch auf Inhaltsstoffe. Allerdings war das, was er fand, meist recht naturbelassen. Es war ihm relativ egal, in welchem Verhältnis die Menge seines Futters zu seiner Bewegungsfreude stand. Und wie lange es vielleicht schon in irgend einer Ecke vor sich hin rottete. Er hatte ein ausgeprägt gutes Gefühl für Ausgelastetsein.

Im Laufe der Zeit erkannte der Mensch viele Vorteile, die das Zusammenleben mit dem Hund brachte. Man nutzte seine Sinne, um ihn Beute finden zu lassen oder Wild aufzustöbern. Man veränderte durch Auslese sein Äußeres, damit er besser in Kaninchenlöcher schlüpfen  oder uns zum Lachen bringen oder ein Kind ersetzen konnte. Sein Wach- und Schutzinstinkt wurde verstärkt. Er half, unsere eigenen Defizite zu kompensieren und unterstützte uns z.b. als Blinden- oder Drogenspürhund. All das machte der Hund bereitwillig und freudig! Und er stellte sich perfekt auf den Menschen ein. Lernte, seine Sprache, Körpersprache und Emotionen zu lesen, befolgte teils aberwitzige Kommandos (wahrscheinlich mit einem innerlichen Kopfschütteln: "wozu soll das denn taugen…?"). Naja, und Kuscheln und sich wärmen lassen ist ja auch für uns Menschen eine angenehme Sache...!

Und der Mensch?-

Skulptur angeketteter Hund Blog Hundephysiotherapie Heike Amthor in Leipzig Stötteritz
Skulptur angeketteter Hund; Bildquelle: Pixabay

Legte den Hund an die Leine. Die Bestie (die sich selbst gezähmt hat) muss ja unter Kontrolle gebracht werden.

Sieht so Vertrauen gegen Vertrauen aus?

Stimmt schon, die Gesellschaft der Menschen hat sich so schnell weiterentwickelt, dass selbst die Menschen Probleme mit der Anpassung an die sich ständig wandelnden Anforderungen haben. Wie soll da ein Hund wissen, wie er sich angemessen zu verhalten hat?

Ein weiteres Argument ist die Liebe zu unserem Hund: wir wollen doch nicht, dass ihm etwas passiert, wenn er ungebremst mit dem Verkehr- oder mit was auch immer- kollidiert!

Wir wollen unangefochten immer überall perfekt funktionieren, und das scheint nicht so zu sein, wenn der Hund an unserer Seite (oder vor oder hinter uns) einen eigenen Kopf beweist.

Also führen wir ihn.

 

Manchmal ist uns ja das Einfachste nicht kompliziert genug, also müssen auch für unsere Hunde extravagante Lösungen her. Keine Erziehungsform, die nicht erst wissenschaftlich und intercommunityell ausdiskutiert wurde. Keine Ernährungsform, die dem Hund einfach nur schmeckt. Immer neue Spielzeuge, die ihn artgerecht bespaßen. Bewegungsform und -ausmaß müssen gut auf den Hund abgestimmt sein. (Ähm- in unser Leben passen…)

Ein Leben an der ganz kurzen Leine.

Hund und Mensch partner fürs leben
Partner; Bildquelle: Pixabay

Wäre der Hund zu uns gekommen, aus freiem Willen, wenn er gewusst hätte, was ihn heute erwartet?

Ich weiß es nicht.

Aber die Loyalität unserer Hunde lässt sie an ihrer Entscheidung von damals nicht zweifeln. Sie lieben uns trotzdem - und bleiben. Und wenn sie die Chance haben, kommen sie immer wieder zurück.

Lernen wir von ihnen.

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